Sehenswürdigkeiten - Bahnhof, Metro und Leninplatz
Viele Gäste erreichen die Stadt am Bahnhof, weshalb auch dieser Rundgang am Bahnhof beginnt. Mit der Metro geht es über eine der schönsten Stationen der Stadt zum Leninplatz - dem zentralen Punkt von Novosibirsk.
Novosibirsk wurde gegründet, als die Transsibirische Eisenbahn den Ob erreichte. Der Bahnhof (1) hat deswegen eine besondere Bedeutung für die Stadt. Das heutige Gebäude wurde in den Jahren 1930 bis 1941 erbaut und ersetzte die ursprüngliche Bahnstation etwas weiter südlich. Das neue Gebäude galt in Vorkriegszeiten als größter Bahnhof in ganz Russland. Das grün-weiße Gebäude ist der Form einer Lokomotive nachempfunden. Als sich während dem Bau herausstellte, dass die ursprünglichen Pläne des Architekten N. G. Woloschinov zu sehr einer Fabrik ähnelten, änderte B. A. Gordejew das Projekt in die heute zu sehenden Form. Dank seiner zentralen Lage an der Transsib und der Turksib zählt der Bahnhof heute täglich 70.000 Passagiere.
Das Gebäude links neben dem Bahnhof wurde vor wenigen Jahren erbaut und beherbergt die Kassen für die Vorortzüge. Sein leicht kitschiger Baustil ist unter den Architekten der Stadt umstritten.
Da der Fußweg zum zentralen Leninplatz kaum Sehenswürdigkeiten bietet, sollte man für die Strecke die U-Bahn nutzen. Die Novosibirsker Metro wurde 1984 eingeweiht und hat heute 13 Stationen auf zwei Linien. Sie ist noch immer die einzige Metro in ganz Sibirien, und nach Moskau und St. Petersburg die drittgrößte U-Bahn in Russland. Alle Stationen sind groß und geräumig gestaltet, auch wenn man keine Moskauer Verhältnisse erwarten sollte. Hervorzuheben ist die Metro-Station "Sibirskaja" (2) ("Сибирская"), an welcher man auch Richtung Leninplatz umsteigen muss. Große Steinmosaike an den Wänden zeigen hier Sibirien.
Verlässt man am Leninplatz die Metro in Fahrtrichtung links, wird man an der Oberfläche vom Rathaus (3) begrüsst. Das 1925 von den Architekten G. P. Golz und A. Schwidkowski gebaute Gebäude beherbergte zunächst die Industriebank ("Промбанк"). Besonderes Merkmal war schon damals die Außentreppe, die entlang des gesamten Gebäudes gebaut wurde. 1928 wurden dem Gebäude zwei Etagen aufgesetzt und 1954 die Fassade dem Stalin-Stil angepasst. Aus den ursprünglich riesigen Fenstern der Bank wurden die heutigen engen Fenster des Rathauses. Um im neoklassischen Stil besser zur Oper zu passen, ergänzten die Architekten N. S. Kusmin und W. A. Dobroljubow ferner Wandpfeiler und Kapitelle mit Hammer und Sichel. 1972 wurde das Rathaus auf fünf Stockwerke erweitert und 1981 kam schließlich noch ein sechstes hinzu.
Das Operntheater (4) ist das Wahrzeichen Nowosibirsks. Ursprünglich wurde das Gebäude nicht als Opernhaus geplant, sondern als Versammlungshalle innerhalb eines riesigen Wissenschafts- und Kulturareals. Im Gebäude sollten die Maiparaden und ähnliches stattfinden - selbst Panzer sollten durch das Gebäude rollen können. Noch während des Baus in den 1930er Jahren entschied man sich für eine Umwidmung zur Oper. Das Interieur im römischen Stil zeugt aber bis heute von den früheren Plänen. Während des Krieges wurden in der Baustelle Gemälde aus dem europäischen Teil Russlands aufbewahrt. Eröffnet wurde die Oper in den Tagen des Sieges im Mai 1945. Die Kuppel ist eine der größten freitragenden Betonkuppeln der Welt - 55 Meter breit, 25 Meter hoch und an der Spitze ganze 8 Zentimeter dick. Die Kuppel, die Bühnentechnik und der Zuschauerraum wurden 2005 grundlegend saniert.
Die Oper steht auf dem "Leninplatz" (5) ("Плошадь Ленина"), dem zentralen Platz der Stadt. Dieser entstand, als sich aus dem Dorf Nowonikolajewsk in den 1920er Jahren das politische und administrative Zentrum Sibiriens und später die Stadt Novosibirsk entwickelte. Die ursprüngliche Bebauung - Läden in kleinen Holzhütten - wurde abgerissen und durch Grünanlagen und Gebäude wie das Handelskontor - das heutige Heimatkundemuseum - ersetzt. Bis 1920 hieß der Platz "Neuer Markt" ("Новая Базарная"), dann "Roter Platz" ("Красная площадь"), ab 1924 "Leninplatz" und von 1935 an für einige Jahre "Stalinplatz" ("Плошадь Сталина").
Von Anfang an sollte den Platz ein Denkmal oder ein Springbrunnen zieren. 1955 errichtete man ein 15 Meter hohes Siegesdenkmal, welches an den 2. Weltkrieg erinnerte. Wann und warum es verschwand, ist nicht geklärt - übermittelt ist jedoch, dass es den Verkehr störte, hässlich war und die Holzkonstruktion bei Wind wackelte.
Das heutige, martialisch anmutende Denkmal in der Mitte des Platzes zeigt neben Lenin drei Partisanen (Arbeiter und Rotarmisten), einen Jüngling mit Fackel und ein Mädchen mit einer Ähre. Das Denkmal wurde 1970 nach den Plänen des Architekten I. G. Pokrowski und des Bildhauers I. F. Brodski errichtet. Lenin schaut in Richtung Ob, den er 1897 auf dem Weg nach Osten mangels Brücke mit Pferden überquerte. Anschliessend schrieb er vom Bahnhof einen Brief an seine Mutter, in dem er über die öde sibirische Steppe berichtete. Interessant ist, dass unter Mitwirkung von Brodski 1970 ein nahezu identischer Lenin - allerdings ohne weitere Personen - in der gesperrten Stadt Tscheljabinsk 70 (heute Sneschinsk) errichtet wurde.
Gerüchten zufolge war das Lenin-Denkmal zunächst für Ostberlin geplant, dort erschien es den Städtebauern dann aber doch zu monumental.
An der Stelle der Novosibirsker staatlichen Akademie für Architektur und Kunst (6) plante der bekannteste Architekt der Stadt, A. D. Krjatschkow, zunächst einen großen Komplex aus Stahlbeton für staatliche Organe - Bank, Theater, Café, Restaurant, Läden. Realisiert wurde 1927 jedoch nur ein zweietagiges Gebäude. 1935 bis 1937 wurden weitere drei Etagen aufgesetzt und die Fassade verändert, fortan diente das Gebäude als Parteischule. 1993 zogen die Architekten und Künstler der Hochschule für Bauwesen ein und gründeten hier ihr eigenes Institut.
Gegenüber der Architekturhochschule befindet sich das "Gebäude des Genossenschaftsverbandes (7)" ("Сибкрайсоюз", heute "Облпотребсоюз"). Der Architekt A. D. Krjatschkow entwarf das dreietagige Haus 1926 in einem für Sibirien typischen rationalen Jugendstil. Im Gebäude waren Büros, einige Wohnungen und der damals größte Laden der Stadt untergebracht. Auch im Keller befanden sich Verkaufsflächen. Heute wird das Erdgeschoss für Restaurants und Läden genutzt - die oberen Etagen für verschiedene Büros.
Auch das Gebäude der Staatsbank (8) ("Госбанк") wurde 1929 nach den Entwürfen von A. D. Krjatschkov erbaut. Ursprünglich plante die Bank ein deutlich größeres Gebäude mit riesigem Kassensaal und einem Club. Wegen mangelnder Finanzen wurden diese Pläne Moskauer Architekten durch die einfache Variante Krjatschkovs ersetzt. Die heutige rote Fassade entspricht der ursprünglichen Form und Farbe der 1930er Jahre.
Das Gebäude links daneben trug über Jahre die Bezeichnung "Renditenhaus" (9) ("Доходный дом"). 1926 bis 1928 nach Plänen des Moskauer Architekten D. F. Fridman errichtet, beherbergte es hinter der großen Glasfassade einen Lebensmittel- und einen Buchladen. In den oberen Etagen befand sich das "Zentral-Hotel" ("Гостиница Центральная"). Bis in die 1980er Jahre war das Gebäude blau gestrichen und bildete so zusammen mit der roten Staatsbank das avantgardistische Tor auf dem Weg zum Bahnhof - der damals über die heutige "Leninstraße" ("ул. Ленина") führte. Heute befinden sich in dem Gebäude unzählige Restaurants, Geschäfte und Büros, das Hotel befindet sich im Gebäude dahinter.
Der "Square des 1. Mai" (10) ("Первомайский сквер") ist wohl die beliebteste Grünfläche der Novosibirsker im Stadtzentrum. 1929 wurden alle alten Holzgebäude an dieser Stelle abgerissen - bis 1932 glich die Fläche einer traurigen Wüste. 1932 wurde nach Plänen des Architekten W. M. Teitel der Park errichtet, welcher jedoch noch mehrmals umgeplant wurde. Seit 1935 ziert einer der ersten Springbrunnen der Stadt den Park, bestehend aus drei Becken und dekorativen und imposanten Vasen. Relativ neu ist ein Kinderspringbrunnen - ein im Wasser spielender Bär. Die armenische Gemeinde spendierte 2000 einen armenischen Kreuzstein ("Chatschkar"). Mehrere Skulpturen zieren den Park, ebenso einen Baum, von dem offensichtlich viele Besucher glauben, er würde Wünsche erfüllen, wenn man eine Schleife daran bindet.
Das heutige Heimatkundemuseum (11) (Краеведческий музей) diente ursprünglich als städtisches Handelsgebäude (Городской торговый корпус) und war neben zwölf Schulgebäuden das erste Projekt Krjatschkows in Novosibirsk. Im Erdgeschoss des 1911 vollendeten Gebäudes befanden sich 16 flexibel teilbare oder verknüpfbare Geschäfte. In der Mitte gab es eine Durchfahrt für Fuhrwerke. Direkt darüber befand sich ein Festsaal für 1000 Personen mit ausgezeichneter Akustik, ferner diente das Obergeschoss als Rathaus, Staatsbank sowie Schatzamt. Bereits nach drei Jahren überstiegen die Mieteinnahmen die Baukosten - eine ausgezeichnete Rendite. Nur der erste Weltkrieg verhinderte den Bau eines zweiten Handelsgebäudes.
Im Dezember 1917, nach der Februar- und der Oktoberrevolution, wurde in diesem Gebäude beschlossen, dass auch in Sibirien die Macht an die Sowjets übertragen wird. Während der 1930er Jahre wurden mehrere Versuche unternommen, das an den Erfolg russischer Kapitalisten und Händler erinnernde Jugendstil-Gebäude abzureißen oder durch Umbauten unkenntlich zu machen. Aber das massive Gebäude hielt diesen Plänen stand.
In den 1970er Jahren befand sich im Gebäude ein Geschäft für Radioelektronik, "Orbit" ("Орбит") sowie das "Zentral-Restaurant" ("Ресторан центральный"). Deswegen nennen ältere Novosibirsker das Gebäude manchmal noch heute so. Seit 1974 steht das Haus unter Denkmalschutz, seit 1985 beherbergt es das Heimatkundemuseum.
1924 wurde beschlossen, in Novosibirsk ein Gebäude zur Erinnerung an den weltweiten Führer des Proletariats, Lenin, zu errichten. Das Gebäude sollte Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Stadt werden. Arbeiter und Angestellte weltweit sollten für das Projekt spenden, eine Million symbolische Münzen mit der Aufschrift "Ziegel für das Haus zum Gedenken an Lenin" wurden verkauft. Von Juli 1924 bis Mai 1925 wurden unter Regie des Architekten I. A. Burlakow die ersten zwei Etagen des "Haus Lenins" (12) ("Дом Ленина") errichtet, kurz darauf eine dritte und vierte. Die Aufbauten waren im Stil an das Lenin-Mausoleum in Moskau gestaltet, das Haus trug die Aufschrift "Lenin ist gestorben - es lebe der Leninismus". 1944 wurde das Gebäude durch den Architekten W. M. Teitel umgestaltet, verlor dabei sein charakteristisches Aussehen und auch diese Aufschrift. Das Haus diente als Tagungsort für die Bolschewiken und Sowjets, hier wurde beispielsweise im Dezember 1925 die Umbenennung der Stadt von "Nowonikolajewsk" in "Novosibirsk" beschlossen. Im Haus befanden sich ferner eine Bibliothek, Labore, eine Lehranstalt für Lehrer und der Sitz verschiedener Organisationen. Ab 1935 spielte hier das "Theater des jungen Zuschauers" ("Театр юного зрителя"), welches später ein eigenes Gebäude erhielt. Heute nutzt die Philharmonie das Gebäude als "Kleinen Saal".
Hinter dem "Haus Lenins" befindet sich der "Square der Helden der Revolution" ("Сквер Героев Революции"). 1920 wurden an dieser Stelle 104 politische Gefangene in einem Massengrab beerdigt. Zum fünfjährigen Jubiläum der Oktoberrevolution errichtete man nach Vorstellungen des Künstlers W. N. Sibirjakow ein Denkmal - einen gigantischen, unförmigen Steinblock, durchbrochen durch eine aus der Erde ragende Hand mit einer Fackel. Das fünf Meter hohe Denkmal galt lange Zeit als Symbol der Stadt. Über die Jahre wurden in dem kleinen Park noch weitere Helden beerdigt. Verschiedene Marmorsteine und -büsten erinnern an Revolutionäre aus Novosibirsk.
Die Informationen für diese Seite wurden einer Fotoausstellung auf dem Leninplatz sowie dem Blog "Рассказки с картинками" entnommen. Vielen Dank für die Überarbeitung durch Katharina Faust.