Briefe an Freunde, Novosibirsk (Norbert Schott)

Was der Winter so mit sich bringt

07. Dezember 2004

Es schneit und schneit, Sonntag minus 20 Grad, Montag 0 Grad, Dienstag früh minus 2, vormittags minus 7, mittags minus 13. Aber 40 Zentimeter Neuschnee sind einfach schick.

Auch Weihnachten naht, hier natürlich eher Neujahr. Woran man das merkt? Dass gestern plötzlich eine Frau in der Tür unserer Büros stand, ein gerupftes Federvieh hochhielt und fragte: "Hat nicht zufällig jemand Interesse an dieser Gans?" Bald treibt man noch Kühe durch Gebäude ...

Und unsere Mitarbeiter bereiten eine tolle Weihnachtsfeier vor - nebenbei wird dann erwähnt, dass russische Firmen ja eigentlich solch eine Feier für ihre Mitarbeiter bezahlen. Und ein Weihnachtsgeschenk für jeden. Und Mitarbeiter mit Kindern im Vor- und Grundschulalter bekommen auch noch ein Präsent zum Mitnehmen.

Als ich mich daheim über solche Forderungen wunderte, zeigten meine Mitbewohnerinnen nur Unverständnis: "Na klar - logisch. zu Neujahr und am Geburtstag jedes Mitarbeiters kauft der Chef eigentlich Sekt und Torte." 

Dazu passt nur noch ein russischer Witz: Ein neuer Mitarbeiter stellt sich vor, der Chef erläutert: "Montags erholen wir uns vom Wochenende, Dienstag bereiten wir uns aufs Arbeiten vor, mittwochs arbeiten wir, donnerstags stellen wir uns langsam auf das kommende Wochenende ein und Freitag ist de facto schon Wochenende." Darauf der Mitarbeiter: "Wie jetzt, wir arbeiten jeden Mittwoch?"

Apropos nicht arbeiten: wir bekommen am Freitag Besuch und wollten für die Gäste den VIP-Raum im Flughafen buchen. Das ist ein offizieller Service vom Flughafen - wer freundliche Schalterbeamte wünscht soll quasi extra zahlen. Freitag Mittag kann man den Raum aber nicht buchen, heißt es am Flughafen - weil Freitag Abend Kanzler Schröder still und heimlich in Novosibirsk zwischenlandet. Sein Flugzeug muss auf dem Rückweg von China aufgetankt werden, deswegen herrscht den ganzen tag (un)heimlicher Ausnahmezustand.