Briefe an Freunde, Novosibirsk (Norbert Schott)
Winter II
Heute haben wir in Novosibirsk minus 32 Grad, nachts unter 40. Bis nächste Woche soll es so bleiben. Nur am Montag wird es kurz warm - Schneewolken bescheren milde minus 9 Grad.
Die Eisstände tricksen natürlich ein wenig und zeigen auf ihren Thermometern nur minus 29 Grad an. Vielleicht hängt der Sensor auch nur zu nahe an der Gefriertruhe. Eis wird jedenfalls gekauft. (Für die Zweifler, auf Schild auf dem Foto steht: OTKPbITO = otkryto = geöffnet).
Man mummelt sich also ordentlich ein. Nun bekommen die dicken Pelzmäntel, die sich russische Frauen gern von ihren Gatten auf dem Markt mit Rubeln jagen lassen, auch einen gewissen Sinn. Ich bevorzuge aber weiter Kunststoffe, wobei sich mein Körpervolumen mitsamt Jacke etwa verdoppelt.
Wer nicht aufpasst, dem friert das Gesicht ein. Das ist unangenehm, weil dann einen Tag lang das Gesicht deformiert und schlaff aussieht - als hätte man drei Nächte nicht geschlafen. Dabei war man nur mal schnell Milch holen. Und wer noch nicht genug vom Kalt hat, der geht in die Banja (russische Sauna), um danach in ein Eisloch zu springen. Klingt grauslicher als es ist. Ich habe es immerhin eine halbe Minute komplett unter Wasser ausgehalten. (Wer es jetzt physikalisch analysiert, wird feststellen, dass es im Wasser wärmer als an der Luft ist.)
Und wehe hier schimpft noch einer, dass es in Deutschland kalt wäre!