Briefe an Freunde, Tutujas (Norbert Schott)

Tiere im Dorf und im Wald

31. Juli 2012

Gleich vorweg: die Wälder rund um unsere Datscha brennen nicht. Bis Tomsk sind es von hier über 300 Kilometer nach Norden. Der Wind weht den Qualm der dortigen Brände nach Westen, Richtung Nowosibirsk. Dort waren wir letzte Woche für einige Tage - und es war wirklich unangenehm. Etwa 500 Meter Sicht und die ganze Zeit ein unterschwelliger Duft wie am Lagerfeuer. Dazu noch stabil über 30 Grad, auch nachts nicht viel angenehmer.

Was für eine Freude war es, in das Dorf zurückzukehren, wo es nachts immerhin unter 20 Grad sind und eine kühle Brise durch das Haus weht.

Hier im Dorf ist alles beim Alten. Wobei, wie ganz früher ist es natürlich auch hier nicht mehr.

Aktuell sind noch reichlich 20 Höfe minimal bewirtschaftet - meist mit Federvieh und Kühen. Letzteres bedeutet Milch und Mist, Hühner und Gänse liefern frische Eier - alles Ware, die auch an die Sommergäste im Dorf verkauft werden kann. Das Fleisch der Tiere wird hingegen für den Eigenbedarf verwendet. Schweine hält niemand mehr - allein das Fleisch lohnt nicht die Mühe, und Leder gewinnt niemand mehr manuell.

Pferde waren auch vor 20 Jahren schon selten, zuletzt gab es ein oder zwei Höfe mit Zugpferden. Jetzt verläuft sich nur ab und zu noch ein einzelnes Pferd ins Dorf - aus Herden, die eigentlich 10 Kilometer vor dem Dorf am großen Fluss grasen. Schafe haben in unserem Dorf nie eine Bedeutung gespielt, vermutlich passt die Vegetation einfach nicht.

Honig wurde ganz früher in dieser Gegend aus wilden Bienennestern geholt, damals noch in Konkurrenz mit Bären. Heute hat beispielsweise unser Nachbar etwa 25 Bienenstöcke - ein finanziell recht erfolgreiches Hobby. Immerhin konnte er vom Erlös eine Eigentumswohnung in der nächsten Stadt sowie ein Auto kaufen.

Von den Bären merkt man heute kaum noch etwas, auch wenn sie sich in den Wäldern herumtreiben. Ebenso Elche verirren sich nur alle paar Jahrzehnte mal ins Dorf. Auch von Wölfen geht im Gegensatz zur Zeit vor 100 Jahren kaum noch eine Gefahr aus - sehr selten kehrt eine Kuh abends nicht aus dem Wald zurück. Anderes Großwild gibt es kaum - Vielfraße leben nördlicher, Hirsche und Rehe eher in den Bergen tiefer im Wald. Meine Recherchen zu Wildschweinen laufen noch.

An Kleintier findet man eine große Vielfalt: Streifenhörnchen, Eichhörnchen, Hasen oder auch Biber, die in den Bächen des Waldes ihre eindrucksvollen Dämme bauen.

In der Luft tummeln sich recht eindrucksvolle Falken, aber auch schillernde Eisvögel - die es laut Wikipedia in Sibirien gar nicht geben soll. Besondern beeindruckt haben mich die Eulen, die in lauen Herbstnächten in wenigen Metern Höhe über Menschen ihre Runden drehen können. Fledermäuse haben wir natürlich auch zu bieten, in einigen Jahren sogar in unserem Dachstuhl.

Im Holzschuppen hat dieses Jahr hingegen die Katze des Nachbarn ihre drei Jungen versteckt. Zum Glück sind sie schlau genug, sich ständig schnell zu verstecken, wenn man sich ihnen nähert - das wird ihnen wohl das Leben retten. Und Arthur freut sich auch, wenn er sie aus einigen Metern Entfernung beobachten kann.